3 Minuten
März 25, 2025
Fachkräftemangel in Deutschland: Rekrutierungshürden und Potenziale ausländischer Fachkräfte
Veröffentlicht von Marco Neumann , SpeakSphere (3 Wochen, 6 Tage her aktualisiert)

Die Herausforderungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt sind nach wie vor enorm, insbesondere in Bezug auf Fachkräftemangel. Der Fachkräftemigrationsmonitor 2023 der Bertelsmann Stiftung zeigt auf, dass die Engpässe bei Unternehmen weiterhin auf einem hohen Niveau bleiben – und trotz hoher Bedarfe an Fachkräften setzen Unternehmen bei der Rekrutierung aus dem Ausland nur begrenzt auf internationale Arbeitskräfte.
Hohe Fachkräfteengpässe – vor allem bei Personen mit Berufsausbildung
Laut der vierten Unternehmensbefragung des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Civey, die in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann Stiftung durchgeführt wurde, bleibt die Situation der Fachkräftemängel in Deutschland weiter angespannt. 70,4 % der Unternehmen geben an, dass sie aktuell unter Fachkräfteengpässen leiden – ein Wert, der nur leicht unter dem Vorjahreswert von 72,7 % liegt. Besonders betroffen sind dabei vor allem Fachkräfte mit einer beruflichen Ausbildung, die in zahlreichen Branchen dringend benötigt werden. Trotz der weiterhin hohen Nachfrage nach Arbeitskräften bleibt die Rekrutierung aus dem Ausland ein schwieriges Thema.
Zurückhaltende Rekrutierungspraxis aus dem Ausland
Obwohl die Fachkräftelücke in Deutschland weiter wächst, zögern viele Unternehmen, internationale Arbeitskräfte einzustellen. Nur 16,8 % der Unternehmen rekrutieren ausländische Fachkräfte, was sich nur wenig von den Vorjahren unterscheidet (2022: 17,1 %, 2021: 16,4 %). Der Grund für diese Zurückhaltung liegt in mehreren Herausforderungen, darunter vor allem sprachliche Barrieren und die Schwierigkeiten, die Qualifikationen von ausländischen Arbeitskräften korrekt zu bewerten. Diese Hürden halten viele Unternehmen davon ab, ihre Suche nach Fachkräften auf den internationalen Markt auszudehnen.
Ein weiteres Problem ergibt sich bei der Rekrutierung von Auszubildenden aus dem Ausland. Trotz des enormen Bedarfs an jungen Fachkräften in Deutschland nutzt nur 4,6 % der Unternehmen die Möglichkeit, Auszubildende aus dem Ausland zu rekrutieren – eine erschreckend geringe Zahl, die die begrenzte Internationalität der Ausbildungspolitik unterstreicht.
Sprachliche Barrieren und Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Qualifikationen
Die Hauptgründe für die Zurückhaltung bei der internationalen Rekrutierung liegen laut dem Fachkräftemigrationsmonitor vor allem in sprachlichen Verständigungsproblemen und der Schwierigkeit, ausländische Qualifikationen einzuschätzen. Diese Herausforderungen führen nicht nur zu Unsicherheiten bei der Einstellung von internationalen Fachkräften, sondern auch zu Missverständnissen in der Zusammenarbeit. Zusätzlich befürchten viele Unternehmen, dass die Erwartungen von ausländischen Bewerbern hinsichtlich ihrer Positionen und Karriereaussichten in Deutschland zu hoch sind, was zu Enttäuschungen führen könnte.
Zuwanderung aus Drittstaaten erreicht neuen Höchststand
Trotz dieser Hürden hat die Erwerbsmigration aus Drittstaaten (also aus Ländern außerhalb der EU) im Jahr 2022 einen bemerkenswerten Anstieg von 75 % erfahren. Von 40.400 Erwerbsmigrant:innen im Jahr 2021 stieg die Zahl auf 71.046 im Jahr 2022. Dieser starke Anstieg wird vor allem durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz begünstigt, das es ausländischen Fachkräften aus nicht-europäischen Ländern erleichtert, in Deutschland zu arbeiten. Die Zuwanderung nach Deutschland hat sich nach dem Ende der Corona-bedingten Restriktionen deutlich erholt, was den internationalen Arbeitsmarkt für Deutschland zunehmend attraktiver macht.
Blaue Karte EU und Westbalkanregelung als Erfolgsmodelle
Ein weiteres wichtiges Instrument zur Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland ist die Blaue Karte EU, die vor allem hochqualifizierte Fachkräfte ansprechen soll. Diese Regelung hat sich als erfolgreich erwiesen, da sie Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtert. Ebenso spielt die Westbalkanregelung eine wichtige Rolle: diese Regelungen tragen maßgeblich dazu bei, dass Deutschland von einer größeren Zahl an hochqualifizierten Arbeitskräften profitiert.
Erwerbsmigration aus Europa und Asien
Interessanterweise kommen die meisten Erwerbsmigrant:innen aus Europa und Asien. Rund 40 % aller Erwerbseinreisenden aus Drittstaaten stammen aus Europa, wobei vor allem Staaten des westlichen Balkans eine wichtige Quelle darstellen. Ebenfalls etwa 40 % kommen aus Asien, was vor allem auf die hohe Migration aus Indien und der Türkei zurückzuführen ist. Diese internationalen Ströme zeigen, dass Deutschland zunehmend von einer globalen Vielfalt an Fachkräften profitiert.
Fachkräfte durch Statuswechsel: Eine weitere Möglichkeit
Ein wachsender Trend bei der Rekrutierung von Fachkräften in Deutschland ist die Möglichkeit des Statuswechsels. Immer mehr Personen, die zunächst mit einem Aufenthaltstitel für Studium oder Ausbildung nach Deutschland gekommen sind, wechseln in einen Erwerbstätigkeitstitel. 2023 blieb Deutschland somit nicht nur Fachkräfte durch Neuansiedlung, sondern auch durch den Wechsel von Aufenthaltstiteln zu Arbeitsaufenthaltsgenehmigungen erhalten. 6.440 Personen wechselten beispielsweise von einem Aufenthaltstitel zur Arbeitsplatzsuche in eine Erwerbstätigkeit, während rund 16.600 Personen aus Studienaufenthalten und 11.220 aus Ausbildungsmaßnahmen in den Arbeitsmarkt übertraten.
Potenziale ausländischer Fachkräfte nutzen
Deutschland steht weiterhin vor der Herausforderung, den Fachkräftemangel zu überwinden. Die Zuwanderung aus Drittstaaten und die verschiedenen Programme wie die Blaue Karte EU und die Westbalkanregelung bieten jedoch vielversprechende Möglichkeiten, dem Arbeitsmarkt neues Potenzial zuzuführen. Dennoch bleibt die Zurückhaltung bei der Rekrutierung internationaler Fachkräfte ein Hindernis, das Unternehmen vor Herausforderungen stellt. Es wird entscheidend sein, den Fachkräftezuzug aus dem Ausland durch gezielte Maßnahmen wie Sprachförderung und die verbesserte Anerkennung ausländischer Qualifikationen zu fördern, um langfristig dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und den deutschen Arbeitsmarkt zukunftsfähig zu machen.
Quelle: Fachkräftemigrationsmonitor 2023 - Fachkräfteengpässe von Unternehmen in Deutschland, Trends und Potenziale zum Zuzug ausländischer Fachkräfte